Sind Ihre Meetings so erfolgreich wie der Klimagipfel in Paris? Wenn nicht, warum arbeiten Sie nicht daran?
23. März 2016 – Am 12. Dezember 2015 einigten sich die teilnehmenden Staaten auf einen neuen Weltklimavertrag. Erstmals vereinbarten Industrie- und Schwellenländer, dass alle gemeinsam gegen den Klimawandel vorgehen. Fast 190 Staaten haben ihre Klimaschutzpläne schon vorgelegt (siehe auch http://www.zeit.de/thema/klimagipfel-2015).
Was war geschehen? Irgendwie sind wir alle davon ausgegangen, dass es wieder werden würde wie 2009 in Kopenhagen: große Erwartungen, kein Ergebnis. Aber: Die Organisatoren hatten aus Kopenhagen gelernt. Was hat Frankreich anders gemacht?
Wie können Sie das für Ihre Meetings und Kongresse nutzen? Denn eines sollte klar sein: Manager und Teams werden auch weiterhin viel Zeit in Besprechungen verbringen, und je besser diese Zeit genutzt wird, desto intensiver arbeitet ein Unternehmen an der Erreichung seiner Ziele.
1. Einsicht in die Notwendigkeit
Die Weltöffentlichkeit hat eingesehen, dass Menschen den Klimawandel herbeigeführt haben, und dass wir diese Entwicklung schnell wieder einfangen müssen. Denn in den vergangenen sechs Jahren haben wir die Folgen des Klimawandels deutlich zu spüren bekommen – Wetterkatastrophen, extrem heiße Sommer usw. Edgar Schein* würde sagen, die Menschheit hat jetzt ein richtiges Business Problem, also ein Problem, das uns unsere Wohlfühl-Bilanz „verhagelt“. Nach Schein ist die Beschäftigung mit einem unbequemen Thema erst dann möglich, wenn die dringende Notwendigkeit dazu gesehen wird. Ohne erkennbares Business Problem, ist er überzeugt, erhält man keine Bereitschaft, sich mit unbequemen oder arbeitsintensiven Themen zu beschäftigen.
Moderationstechnik: Vorbereitung
Sorgen Sie dafür, dass für jedes Meeting im Vorfeld Thema, das dahinter liegende Businessproblem (sie sollten immer ein solches definieren können, denn wieso sollten Sie sonst miteinander reden?) und die Dringlichkeit einer Lösung deutlich werden.
So hat zum Beispiel ein Produktmanagement-Team, das sich monatlich trifft, das Business Problem, bestimmte Produkte zu einem vereinbarten fertigzustellen. Daraus entsteht die Notwendigkeit, technische Probleme zu klären, nächste Schritte zu vereinbaren, Entscheidungen zu treffen. Die Dringlichkeit entsteht aus dem Zeitplan, denn auch wenn die Pilotphase vielleicht noch 16 Monate in der Zukunft liegt, berechnet man die Dauer aller Aktivitäten und ordnet sie auf einer Zeitachse an. Dann wird die Dringlichkeit schnell sichtbar.
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2. Lessons Learned
Die französischen Gastgeber haben die vorherigen Konferenzen genau analysiert und ausgewertet, was im Einzelnen schief gelaufen ist. Deshalb kamen in Paris die Staats- und Regierungschefs am Anfang des Gipfels, um die Teilnehmer auf die Bedeutung der Klimakonferenz einzuschwören. In Kopenhagen war das Top Management erst gegen Ende gekommen, als die Verhandlungen sich schon so verhakt hatten, so dass sie nichts mehr ausrichten konnten.
Moderationstechnik: Nachbereitung und Evaluation
Analysieren Sie Ihre Meetings und ergründen Sie, was nicht gut läuft, weshalb Sie vielleicht nie die Zeit haben, die wirklich wichtigen Themen zu diskutieren, weshalb es selten Einigungen gibt usw. Die Ursachen sind ganz individuell. Wichtig ist, dass sie Ihre Störfaktoren herausfinden und abstellen. Vielleicht sind die Gespräche zu konfrontativ, und alle müssen lernen, sich gegenseitig mehr zuzuhören. Oder niemand traut sich eine kontroverse Meinung zu äußern, wenn der Chef da ist (das VW-Syndrom!). Analysieren Sie gründlich, und lernen Sie aus Ihren Fehlern!
3. Diplomaten werden zu Moderatoren
François Hollande hatte die Konferenz zur Chefsache erklärt und sein gut ausgebautes Diplomatennetz als Moderatoren in den Dienst der Konferenz gestellt. Zudem fungierte Außenminister Fabius während der ganzen Zeit als Konferenzpräsident: Er stellte Gesprächsrunden nach strategischen Gesichtspunkten zusammen und machte „klare Ansagen“ zum methodischen Vorgehen, eine klassische Moderationstechnik. Somit blieb er inhaltlich neutral, setzte aber dennoch die Rahmenbedingungen für ein konstruktives Ergebnis. Klar erkennbar: Moderationsmethoden – wie die akribische Planung des Ablaufs sowie die Steuerung des Prozesses bei gleichzeitiger Nicht-Einmischung in die inhaltliche Diskussion – waren ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Moderationstechniken: Planung und Durchführung
Nach all den Jahren, in denen ich gebetsmühlenartig immer wieder zu meinen Kunden gesagt habe: „Moderieren Sie Ihre Besprechungen! Wählen Sie einen Moderator, der nur für den Prozess und die Visualisierung zuständig ist. Der dafür sorgt, dass jeder etwas beiträgt, dessen Meinung relevant ist, dass Vielredner freundlich gestoppt werden, und dass Standpunkte ohne Ansehen der Hierarchie geäußert werden ….“ habe ich mich natürlich sehr über die Argumentationshilfe aus Paris gefreut.
Also: Setzen Sie Moderationstechniken ein! Moderieren und visualisieren Sie, stoppen Sie Vielredner, visualisieren Sie laufend den Denkprozess und die Ergebnisse (das befördert das gemeinsame Denken!), wechseln Sie zwischen Plenum und Gruppenarbeit.
Moderationstechniken als Erfolgsfaktoren von Besprechungen
- Gut vorbereiten
- Zeit begrenzen
- Agenda vorher abstimmen
- Kommunikationsregeln festlegen
- Es wird nur das besprochen, was für alle relevant ist
- Tagungspunkt „Sonstiges“ ersatzlos streichen
- Straffe Moderation
- Gesprächsverlauf und Ergebnisse visualisieren
- Notwendigkeit des Meetings von Zeit zu Zeit überprüfen
4. Druck herausnehmen, Motivation erzeugen
Die Erwartungen an die Konferenz waren im Vorfeld eher niedrig angesetzt, niemand musste sich also schon bei der Anreise unter Druck fühlen.
- Moderationstechniken nehmen negativen Druck aus einer Veranstaltung, sie sorgen für Freude und Leichtigkeit, für Dialogfähigkeit und für die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen
- Sprechen Sie im Vorfeld unter vier Augen mit einzelnen Stakeholdern, holen Sie Meinungen ein, erzeugen Sie eine Bereitschaft, auch kontroversen Positionen zuzuhören, verwenden Sie viel Sorgfalt auf das Erstellen der Agenda, pochen Sie auf Einhaltung derselben. Und dann sorgen Sie für Spaß und gute Laune sowie für „low hanging fruits“, damit die Mannschaft stolz ist auf ihre Arbeit und Zutrauen zum Team bekommt. Ermöglichen Sie eine positive Kommunikationskultur, in der jeder sich gehört und wertgeschätzt fühlt. Sorgen Sie für die Umsetzung der Ergebnisse
- Setzen Sie die Erwartungen realistisch an, nicht zu hoch und nicht zu niedrig. Wenn Sie über den Erwartungen liegen – freuen Sie sich und zeigen Sie das. Wenn Sie darunter liegen, erforschen Sie die Gründe – und machen es nächstes Mal noch besser. Denn im Gegensatz zu den Klimakonferenz-Teilnehmern treffen Sie sich mit Ihren Kollegen öfter als einmal im Jahr!
* Edgar Schein: Professor für Organisationspsychologie und Management und einer der Mitbegründer der Organisationspsychologie und der Organisationsentwicklung